Wittenberg besitzt mit dem noch heute fließenden „Alten und Neuen Jungfernröhrwasser“ ein einmaliges technisches Denkmal aus dem 16. Jahrhundert. Im Jahr 1556 schlossen sich sieben wohlhabende Bürger Wittenbergs zu einer „Röhrwassergewerkschaft“ zusammen. Sie wollten vom Kurfürsten unabhängig sein, der bereits 14 Jahre zuvor eine Röhrwasserleitung zum Schloss legen ließ. Auf eigene Kosten ließen sie ein Quellgebiet vor den Toren der Stadt erschließen und von dort eine Röhrwasserleitung mit natürlichem Gefälle in die Collegienstraße bis zum Markt legen. Eine achte Anschlussstelle schenkten sie Philipp Melanchthon für seine Verdienste um Stadt, Kirche und Schule. Diese Röhrfahrt wurde später „Altes Jungfernröhrwasser“ genannt. Die Namen der Gründer sind auf einer Gedenktafel am Brunnen im Cranachhof aufgeführt. Drei Jahre später gründete die selbe Gruppe von Bürgern eine neue Gewerkschaft, um eine weitere Röhrwasserleitung in die Stadt legen zu lassen, das „Neue Jungfernröhrwasser“. Beide Systeme werden immer noch von den Mitgliedern der „Gewerkschaft Altes und Neues Jungfernröhrwasser der Stadt Wittenberg e. V.“ betreut und gewartet. Auf vielen Höfen in der Altstadt sind noch fließende Zapfstellen vorhanden.
1625 entstand eine vierte Röhrfahrt. Sie wurde nach Prof. Ambrosius Rhode benannt, der diese Anlage bauen ließ. Auch die Schlossvorstadt hatte eine eigene Wasserversorgung. Von ungefähr 1691 bis 1791 versorgte das „Eiser oder saure Wiesen Wasser“ sechs Interessenten.
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Textquelle:
Tietke, Mathias: Wittenberg - die 99 besonderen Seiten der Stadt, Halle: Mitteldeutscher Verlag, 2015.
Bildquelle: