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Okzident und Orient
Die Faszination des Orients im langen 19. Jahrhundert

Klaus-Werner Haupt

In siebzehn Kapiteln werden neunzehn Persönlichkeiten des langen 19. Jahrhunderts vorgestellt, deren Texte, Bilder und Erfindungen deutlich machen: Okzident und Orient sind nicht zu trennen.

Salzwedel

Salzwedel

Klaus-Werner Haupt

„dignus amore locus“ - ein liebenswerter Ort

Der alte Name Soltwidele verweist auf eine Furt an der alten Salzstraße. Die Gründung der an der Jeetze gelegenen Stadt Salzwedel geht auf Albrecht den Bären (1100–1170) zurück. Ab 1247 entstand nordöstlich der Altstadt die Neustadt, erst 1713 wurden Altstadt und Neustadt vereinigt.

Gebäude der Altstädter Lateinschule (Mitte).
Gebäude der Altstädter Lateinschule (Mitte).

Die Altstädter Lateinschule befand sich seit der Reformation im Klausurbereich des ehemaligen Franziskanerklosters (Bildmitte zwischen Mönchskirche und Rathaus). Als deren Rektor wirkte seit 1718 Johann Georg Scholle. Ihm eilte der Ruf besonders guter Griechischkenntnisse voraus. Grund für den eben aus Berlin zurückgekehrten Schüler Johann Joachim Winckelmann (1717–1768), sich am 15. November 1736 an der Altstädter Lateinschule einzuschreiben. In vielen Schreibstunden bildete Winckelmann bei dem „redlichen“ Scholle seine „schöne griechische Hand“ heraus. Im Frühjahr 1738 legte er bei ihm sein Examen ab. Die Stadt Salzwedel mit ihren imposanten Kirchen, Toren und Fachwerkhäusern blieb ihm als „dignus amore locus“ – ein liebenswerter Ort – in Erinnerung.

Zu Winckelmanns persönlichen Bekanntschaften zählten sein Privatschüler Johann Christoph Germanus Schuster und dessen Stiefvater Johann Heinrich Heller – Inhaber von „Schuster & Heller“, der ältesten Salzwedeler Druckerei. Namentlich bekannt sind Kontakte zu der Familie des Schusters Andreas Rörs sowie zu dem Pfarrerssohn Gottfried Christian Roth aus Bombeck. ( 1 )

Die traditionsreiche Buchhandlung Helga Weyhe, Altperverstraße
Die traditionsreiche Buchhandlung Helga Weyhe, Altperverstraße

Vier Jahre nach Winckelmanns Aufenthalt erfolgte die Vereinigung der Neustädter mit der Altstädter Lateinschule. Eng verbunden mit der Schul- und Stadtgeschichte Salzwedels ist der Name des Pädagogen Johann Friedrich Danneil (1783–1868). Der reformfreudige Pädagoge war ab 1804 als Lehrer und ab 1819 als Rektor des Salzwedeler Gymnasiums tätig.

Danneil widmete sich umfangreichen prähistorischen Forschungen und gilt als Begründer des 3-Perioden-Systems der Ur- und Frühgeschichte (Stein-, Bronze-, Eisenzeit). Da sich in der Altmark zahlreiche Hünengräberfelder befinden, kann die archäologische Forschung dort auf eine lange Tradition zurückblicken. So finden sich zwischen Seehausen, Arendsee und Osterburg in der Gemarkung Bretsch drei Großsteingräber, die auf eine Besiedelung in der Jungsteinzeit schließen lassen. Nach Berichten von Danneil nahm Winckelmann dort in den 1740er Jahren – der Zeit als Konrektor in Seehausen – erste Untersuchungen vor. Von ihm selbst sind darüber allerdings keine Aufzeichnungen erhalten. ( 2 )

Jahn-Gymnasium Salzwedel
Jahn-Gymnasium Salzwedel

Im Jahre 1844 wurde die Einhundertjahrfeier der Vereinigung beider Stadtschulen gefeiert. Aus diesem Anlass begrüßte der Rektor den verdienten „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn (1778-1852), der von 1791 bis 1794 selbst Schüler des Gymnasiums gewesen war. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfolgte der Neubau des Gymnasiums vor dem Lüchower Tor. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde aus dem königlichen Gymnasium das Staatliche Humanistische Gymnasium Salzwedel, 1931 erhielt die Schule den Namen Jahn-Gymnasium. Im Vestibül erinnern Büsten an zwei prominente Schüler: Friedrich Ludwig-Jahn und Johann Joachim Winckelmann.

Da die Stadt von 1263 bis 1518 Mitglied der Hanse war, trägt sie seit 2008 wieder offiziell den Namen „Hansestadt Salzwedel“. Neben den eindrucksvollen Zeugnissen norddeutscher Backsteingotik und Salzwedeler Fachwerkarchitektur, Danneil-Museum und Jenny-Marx-Haus zieht der Baumkuchen Touristen in das „Venedig des Nordens“. 54 Brücken über die Jeetze und die Dumme (slawisch für „Eichenbach“) vermitteln romantische Einblicke. Gern besucht wird die traditionsreiche Buchhandlung von Frau Helga Weyhe (*1922), der ältesten Buchhändlerin Deutschlands.

*****



Quellen:

( 1 ) Steffen Langusch, Stadtarchivar der Hansestadt Salzwedel

( 2 ) Großsteingräber der Altmark. Hrsg. von Harald Meller, Landesamt für Denkmalpflege und

Archäologie Sachsen-Anhalt mit Museum für Vorgeschichte Halle (Saale) 2006, S. 60 ff.

Abbildungen:

( 1 ) Büste Winckelmanns im Jahn-Gymnasium. Foto: Haupt (2016)

( 2 ) Altstädter Lateinschule (Mitte). Foto: Haupt (2016)

( 3 ) traditionsreiche Buchhandlung Helga Weyhe, Altperverstraße 11. Foto: Haupt (2016)

( 4 ) Jahn-Gymnasium Salzwedel. Foto: Haupt (2016)

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