Schon unsere Urfahren glaubten an allerlei Geister und Gespenster. Etwa seit dem 15. Jahrhundert verbreitete sich in Deutschland der Hexenglaube. Hexen waren Menschen mit übernatürlichen Kräften, mit denen sie vielerlei Unheil anrichteten. Diese Kräfte bezogen sie von dem Bösen schlechthin: dem Satan oder Teufel oder auch (so in Goethes Faust) „Herr Urian" genannt. Ein Bündnis zwischen Mensch und Teufel konnte nicht ohne Rituale vor sich gehen. Es gab dafür bestimmte Orte und Zeremonien. Die verbreiteteste war die Teufelsbuhlschaft, bei der sich Frauen mit dem Satan geschlechtlich paarten. Diese Vorstellung regte die Fantasien der Hexenverfolger aufs Höchste an. Hexenprozesse und -verbrennungen gehören zu den größten Skandalen der frühen Neuzeit. Im Jahr 1756 fand in Deutschland, 1782 in der Schweiz die letzte Hexenverbrennung statt.
Wenn wir seitdem von Hexen reden, meinen wir besonders böse Menschen oder wilde Fanatiker. Inzwischen hat sich die Hexe aber auch zum Symbol alten Brauchtums entwickelt. Das „Hexchen" ist sogar zum Kosenamen geworden. Das mag dazu beitragen, dass es nicht mehr zu Hexenhysterien und zur Verfolgung Unschuldiger kommt.
Warum das Harzgebirge zum bevorzugten Hexengebiet geworden ist, kann man nur vermuten. Als die Franken unter Karl dem Großen die im Harz siedelnden Sachsen zu christianisieren versuchten, sollen diese sich als Gespenster verkleidet und den Eindringlingen mit Lärm und wildem Getue Angst und Schrecken eingejagt haben. Außerdem bildet der Harz ein von den großen Verkehrsströmen abgelegenes und in sich geschlossenes Berg- und Waldgebiet, in dem sich öfter Nebel ausbreitet. So etwas kann eigene und fremde Fantasien anregen.
Im 1. Teil seines Faust-Dramas lässt Goethe seinen Helden die Walpurgisnacht am Fuße des Brockens erleben:
„Hexen (im Chor):Durch Tanz mit den Hexen versucht Mephisto, Fausts Gedanken von Gretchen abzulenken, was ihm aber nicht gelingt. Fausts Besuch der Walpurgisnacht trägt nicht wesentlich zur Handlung in Goethes Drama bei, doch wurde der Brocken vor allem auch durch Faust zum zentralen Tummelplatz für Hexen auserwählt.Die Hexen zu dem Brocken ziehn,
Die Stoppel ist gelb, die Saat ist grün.
Dort sammelt sich der große Hauf,
Herr Urian sitzt oben auf.
So geht es über Stein und Stock,
Es farzt die Hexe, es stinkt der Bock."
Nicht weniger Bedeutung hat der Hexentanzplatz bei Thale. Er liegt auf einem Bergrücken oberhalb des Bodetals gegenüber einem großen Felsen, der den Namen „Roßtrappe" trägt. Zwischen 750 und 450 v. Chr. sollen die dort ansässigen Germanen hier eine Fliehburg errichtet haben, die zugleich als Kultstätte diente. Als die Franken unter Karl dem Großen das Sachsenland eroberten und christianisierten, soll der Ort den Bewohnern längere Zeit noch als Stätte heidnischen Kults und Brauchtums gedient haben. Die dort verehrten Wald- und Naturgeister wurden dann später zu Hexen umgewandelt. Auf dem Hexentanzplatz errichtete im Jahr 1901 der Berliner Architekt Bernhard Sehring die „Walpurgishalle", ein Blockhaus, das er an den Vorstellungen ausrichtete, die man zu dieser Zeit von germanischen Gemeinschafthäusern hatte. Die Wände der Walpurgishalle zieren Gemälde des Malers Hermann Hendrich. Sie zeigen fünf Szenen aus Goethes Faust. Ebenfalls auf dem Hexentanzplatz wurde im Jahr 1903 das „Bergtheater Thale" als ältestes Naturtheater Deutschlands gegründet.
Bis heute lockt der Hexentanzplatz viele Neugierige und Touristen an. Zu manchen Zeiten, insbesondere zur Walpurgisnacht, soll es sich dabei vornehmlich um Hexen und Hexer handeln.
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Bildnachweise:
- Vorschaubild: Rita Dadder
- Foto "Hexenpuppe": Rita Dadder
- Illlustration "Brockenhexen fliegen zum Blocksberg" von L. S. Bestehorn aus dem Jahr 1732. Quelle: Wikimedia Commons
- Bild des Hexentanzes von Hermann Hendrich aus der Walpurgishalle in Thale (gemeinfrei), Quelle: Wikimedia Commons
- Die Walpurgishalle auf dem Hexentanzplatz (2010). Urheber: AxelHH, gemeinfrei, via Wikimedia Commons