Das Biosphärenreservat liegt im nördlichsten Mittelgebirge Deutschlands, dem Harz; hier wiederum in der Südharzregion Sachsen -Anhalts. Das Schutzgebiet schließt unter anderem die Orte Stolberg (Harz), Rottleberode, Uftrungen, Questenberg und Wettelrode ein. Charakteristisch für diese Region sind weiträumige Buchenwälder, Streuobstwiesen, Wiesen und Weiden. Karstbildungen gehen auf Lösungsvorgänge an oder unter der Erdoberfläche zurück. Häufig sind davon Minerale oder Gesteine, zum Beispiel Gips oder Kalkstein betroffen. Im Südharz löst das Wasser den dort reichlich vorhandenen Gips auf. Durch diese Auswaschungen können unterschiedliche Geländeformen wie Dolinen, Erdfälle, Bachschwinden oder Höhlen entstehen. Die dadurch charakterisierte, ganz besondere Landschaft mit wertvollen Lebensräumen für Pflanzen und Tiere ist einmalig in Europa. Das Biosphärenreservat wurde 2009 ausgewiesen, umfasst eine Fläche von 30 034 Hektar und liegt im westlichen Teil des Landkreises Mansfeld-Südharz.
Im Süden des Schutzgebietes befindet sich die „Heimkehle", eine der größten von etwa 200 bekannten Höhlen in der Karstlandschaft des Südharzes. Der für Besucher zugängliche Teil der Gipskarsthöhle misst zurzeit 650 Meter, insgesamt ist sie 2 000 Meter lang. 1920 konnte die Höhle erstmals touristisch besichtigt werden. Die friedliche Nutzung der großen Hohlräume im Berg währte leider nicht lange. 1944 verlegten die Nationalsozialisten 1 500 Häftlinge des KZ Außenlagers „Heinrich", das anfangs zum Lager Buchenwald gehörte, in die Höhle, um hier eine unterirdische Rüstungsfabrik mit Bahn und Straßennetz zu errichten. Mit Fertigstellung wurden dann in der Höhle Fahrgestell-Teile für das Kriegsflugzeug JU 88 produziert. Nach Auflösung des Lagers am 4. April 1945 schickte die SS die Häftlinge auf Todesmärsche, wobei sehr viele von ihnen umkamen.
Heute wird die Höhle neben Bergführungen für Besucher vor allem von den versteckt lebenden Fledermäusen genutzt. Zwölf Arten konnten bisher nachgewiesen werden. Einige leben hier fast ganzjährig, andere kommen nur zur Paarung und zum Überwintern, wie die Wasserfledermäuse aus den Seengebieten Mecklenburgs und Brandenburgs. Die unterschiedlichen Temperaturbereiche in der Höhle sind optimal für die Lebensbedürfnisse mehrerer Arten. So bevorzugen das Große Mausohr, die Bechsteinfledermaus und die Wasserfledermaus Bereiche zwischen 5 und 8 °C, die Mopsfledermaus und die Breitflügelfledermaus dagegen 1 bis 3°C. Im August und September zur Paarungszeit sind besonders viele Fledermäuse in der Höhle, etwa 4 000. Ein Teil dieser kleinen Säugetiere kann bei speziellen Führungen auch von den Besuchern beobachtet werden.
Direkt am Höhleneingang vorbei führt der 230 Kilometer lange Karstwanderweg. Er durchquert insgesamt drei Bundesländer. Auf Schautafeln am Weg wird auf die jeweiligen Besonderheiten des Karstes hingewiesen. Ganz in der Nähe der Höhle Heimkehle befindet sich die Reesberg-Doline, eine große schüsselförmige Einsenkung im Berg, die durch Lösungsvorgänge von oberflächennahen Gipsvorkommen entstanden ist.
Neben den Fledermäusen lebt noch eine Reihe weiterer, selten vorkommender Tiere im Biosphärenreservat, so unter anderem die hauptsächlich nachtaktive Wildkatze. Sie bewohnt die naturnahen Laubmischwälder, ernährt sich von kleineren Säugetieren, Vögeln, Reptilien und großen Insekten. Früher brachte man sie wegen dem unheimlich klingenden Geschrei zur Paarungszeit mit Hexen in Verbindung. Wegen ihres Jagdverhaltens wurde sie später als Nahrungskonkurrent des Menschen fast ausgerottet. Auch der Hirschkäfer mit seinem imposanten Kopfschmuck lebt im Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz. Sowohl in den Wäldern, aber besonders in den offenen Biotopen, wie Trockenrasen, Halbtrockenrasen oder Feuchtgrünland kommen hier viele geschützte Pflanzen vor. Orchideen, so verschiedene rotviolett blühende Knabenkrautarten, der Frauenschuh, der mehrere Jahre braucht um seine erste Blüte hervorzubringen oder aber die Fliegen-Ragwurz, die mit ihrer Blüte den Körper einer Fliege nachahmt. Das seltene Große Windröschen blüht im späten Frühjahr mit großen weißen Blüten auf einigen Halbtrockenrasen. Auch den kräftig dunkelblau blühenden Fransen-Enzian kann man auf manchen Wiesen antreffen.
Neben diesen Naturschönheiten finden sich im Biosphärenreservat aber auch reizvolle Orte, wie das Harzstädtchen Stolberg, das durch viele gut erhaltene, mit farbigen Elementen versehene Fachwerkhäuser ein ganz eigenes Ambiente besitzt. Der Ort ist auch bekannt als Thomas-Müntzer-Stadt; der Bauernführer und Theologe wurde um 1489 in Stolberg geboren. Die historische Atmosphäre, die das einzigartige mittelalterliche Stadtbild vermittelt, führte zur Anerkennung als Historische Europastadt. Vom weit oben über der Stadt gelegenen Schloss, dem Juliana von Stolberg, Ahnfrau des Hauses Oranien-Nassau, dem heutigen Königshaus der Niederlande entstammt, kann man gut die Häuserzeilen des Städtchens überblicken, wie auch die schönen Buchen - und Mischwälder, die den Ort umrahmen.
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Bildautorin: Karin Müller-Syring, Leipzig