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Johann Joachim Winckelmanns Wirken auf Schloss Nöthnitz und in Dresden

Klaus-Werner Haupt

Nach rastlosen Jahren findet Johann Joachim Winckelmann auf dem nahe Dresden gelegenen Schloss Nöthnitz eine Anstellung als Bibliothekar. Die bünausche Bibliothek und die Kunstsammlungen der nahen Residenzstadt ermöglichen Kontakte mit namhaften Gelehrten. In ihrem Kreise erwirbt der Dreißigjährige das Rüstzeug für seine wissenschaftliche Karriere. Sein epochales Werk „Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Werke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst“ (1755) lenkt den Blick auf die Kunstsammlungen Augusts III. und ebnet den Weg nach Rom.

Winckelmanns Briefe, von denen mehr als fünfzig aus den sächsischen Jahren überliefert sind, lassen seinen Karrieresprung, aber auch seine persönlichen Nöte vor unseren Augen lebendig werden. Zwei Gastbeiträge über die jüngere Geschichte des Schlosses und die Visionen der Freunde Schloss Nöthnitz e. V. runden den Jubiläumsband ab.

Käselieb

Käselieb

Ulrike Unger

Über eine Zeitzer Sage

Zur Zeit des Frühmittelalters, im Jahre 968 wurde auf dem Gebiet der Stadt Zeitz ein Bistumssitz gegründet. Kaiser Otto der Große setzte Hugo I. als ersten Bischof ein. Im späten Mittelalter entwickelte sich Zeitz als bedeutender Residenzort der Naumburger Bischöfe. Der ottonische Kaiser, der sein Reich vergrößern und all seine Untertanen zum Christentum missionieren wollte, fand dafür gerade in der Gegend um Zeitz geeigneten Boden. Er traf aber auch auf Widerstand, denn hier befand sich unter anderem eine Siedlung der Slawen, genauer der Elbslawen, der sogenannten Wenden, die dem Polytheismus verpflichtet, viele Gottheiten anbeteten.

Um den neuen Glauben und die kirchlichen Strukturen zu festigen, veranlasste Otto einen Dom zu bauen. In diesen Kontext eingebettet, entstand in Zeitz die Sage um einen Mann, den man Käselieb von Rasberg nannte.

Dom St. Peter und Paul in Zeitz
Dom St. Peter und Paul in Zeitz

Käselieb aus dem Dörfchen Rasberg, das heutzutage Ortsteil von Zeitz ist, hieß mit eigentlichem Namen Miesko, was seine wendische Herkunft herausstellte. Von Beruf wegen war er Bauer. Käselieb soll er spöttelnd von seinen Mitmenschen aufgrund seiner Vorliebe für das Lebensmittel genannt worden sein. Bauer Käselieb ließ sich zum Christentum bekehren und erhielt bei der Taufe seinen neuen Namen Johann. Johann Käselieb wurde zu einem sehr treuen und frommen Christen, den nichts störte, außer, dass seine wunderhübsche Tochter Anna, die zwar ebenfalls getauft, sich in keinster Weise am Glaubenswechsel des Vaters ein Beispiel nehmen wollte. Im Herzen blieb sie den alten Göttern treu. Unnachgiebig pilgerte sie weiterhin heimlich zu ihrer Grotte im Wald, in der sich die steinernen slawischen Götzen verbargen, die sie anbetete. Nicht einmal die vorgeschlagene Hochzeit mit dem jungen Christen Theobald konnte Anna umstimmen. So machte sich ihr Vater auf den Weg nach Zeitz zu Priester Boso, um ihm von seiner sündigen Tochter zu erzählen. Und da er sie über alles liebte und nicht wollte, dass ihr Leid geschah, bot er sich auch gleich selber an, für sie zu sühnen. Weil gerade die Bauarbeiten für den neuen Dom im Gange waren, bot der Priester Käselieb an, mit seinem Fuhrwerk Steine heran zu schaffen. Dieser begann sofort mit dem Beladen seines Wagens und verlangte nicht einmal Lohn dafür. So begab es sich, dass der Bauer fortan nur noch mit dem Transport von Steinen für das Gotteshaus beschäftigt war, und das so emsig, dass er Haus und Hof darüber vergaß und bald sein Vieh und das Gut verkaufen musste, weil er und seine Tochter nichts mehr zu essen hatten. Als der Dom fertig war, kam der Kaiser zur feierlichen Einweihung. Unterwegs nach Zeitz war er im Wald an dem Götzenbild vorbeigekommen, hinter dem sich Anna just in diesem Moment verbarg. Aus Groll bei seinem Anblick, schleuderte der Kaiser seinen Spieß nach dem Bild, dass es zu Boden fiel und Anna erschlug. Käseliebs Frömmigkeit und sein Flei&szlszlig; beeindruckten Otto den Großen sehr. Er wurde dafür von ihm reich belohnt und konnte sich sogar wieder einen Hof kaufen. Außerdem befahl der Kaiser zum Dank das Antlitz des Bauern in den Stein der Kirche einzumeißeln. Als Käselieb dann vom Tod der Tochter erfuhr, wurde er sein Leben lang nicht wieder froh und starb in Gram.

Seit wann genau man sich die Geschichte des Käselieb erzählt, ist heute nicht mehr auszumachen. Vielleicht steht sie als Erinnerung für all die Arbeiter, die den Dombau mit ihrer Arbeitskraft unterstützten. Vielleicht nahmen die Menschen nach der Fertigstellung die kleine Sandsteinfigur, die nur knapp 40 cm misst, aber auch erst zum Anlass, um daraus eine Sage zu formen. Verborgen an einem Pfeiler über der Südempore des Zeitzer Doms St. Peter und Paul ist der Käselieb nur schwer zu erkennen. In seinen Händen hält er eine Peitsche und eine Deichselwaage. Neben seinem Kopf schwebt das steinerne Schriftband, welches verkündet: „Ich heyse Keselib."

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Bildquellen:
Titelbild: Winfried Neubert
Lucas Friese, Dom auf Schloss Moritzburg in Zeitz im Süden von Sachsen-Anhalt, Wikipedia, CC BY-SA 3.0

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